Erich-Maria-Remarque-Preis an Henning Mankell

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Der Autor widmet einen Teil des Preisgeldes dem Regisseur Christoph Schlingensief für dessen Afrika-Projekt. Die Laudatio hielt der deutsche Bundespräsident Horst Köhler: Mankell zeige, "wie ignorant wir sind."

Für seine engagierte Schilderung des Lebens in Afrika und der Probleme des Kontinents ist der schwedische Autor Henning Mankell am Freitag mit dem Erich-Maria-Remarque-Friedenspreis der Stadt Osnabrück ausgezeichnet worden.

Einen Sonderpreis erhielt der Schweizer Schriftsteller Lukas Bärfuss, der in seinem Roman "Hundert Tage" die Verstrickungen der Schweizer Entwicklungshilfe in den Bürgerkrieg in Ruanda 1994 zum Thema hat.

Mankell versprach einen Teil des Preisgeldes in Höhe von 25.000 Euro dem Regisseur Christoph Schlingensief, der bei der Preisverleihung dabei war. Das Geld soll Schlingensief bei dessen Projekt helfen, in Afrika ein Festspielhaus zu bauen. Der Sonderpreis ist mit 5000 Euro dotiert.

Köhler: "Wie ignorant wir sind"

Der deutsche Bundespräsident Horst Köhler würdigte in seiner Laudatio Mankell als einen Erzähler, der Afrika als einen Kontinent "voller Kreativität und kultureller Vielfalt" zu Wort kommen lasse. "Henning Mankell führt uns buchstäblich nach Afrika", sagte Köhler. "Wir erleben den Lebensmut, den Zusammenhalt, die Aufgeschlossenheit der Menschen Afrikas. Und es verschlägt uns die Sprache zu sehen, wie ignorant wir sind."

Die Hauptverantwortung für den Frieden Afrikas liege zwar in den Händen der Afrikaner selbst, sagte der Bundespräsident. Er sprach aber auch die Mitverantwortung des Westens an. Es gebe einen Zusammenhang zwischen Armut, Rohstoffausbeutung, Wassernot und unfairen Handelsbedingungen.

Mit Blick auf die Flüchtlinge, die übers Mittelmeer nach Europa kommen, sagte Köhler: "Die Grenzen Europas dagegen abzuriegeln, ist weder politisch noch moralisch eine Lösung. Es müssen vielmehr die Bedingungen dafür geschaffen werden, dass die Menschen in Afrika bleiben können."

Mankell: "Gibt nur ein Problem: Armut"

Der 61 Jahre alte Mankell forderte in seiner Rede zur Bekämpfung der Armut auf. "Es gibt nur ein Problem: die Armut. Alle anderen Probleme können und müssen im Licht dieser Armut gesehen werden", sagte er. Auch der Westen trage in hohem Maß Verantwortung für die afrikanischen Zustände.

Henning Mankell umarmt Christoph Schlingensief
Henning Mankell umarmt Christoph Schlingensief(c) REUTERS/Ina Fassbender

So sei das Land Mosambik, in dem er seit vielen Jahren viele Monate im Jahr verbringe, durch Kolonialismus und Ausplünderung verarmt. Er glaube daran, dass auch Mosambik in fünfzig Jahren ein Land sein könnte, in dem die Menschen ein gutes Leben hätten.

Kritisch ging Mankell auf die Kriege im Irak und in Afghanistan ein. Es gebe zwar gerechte Kriege, das gelte aber nicht für die Kriege in diesen beiden Ländern. "Man kann dem Terror nicht mit eigenem Terror beikommen", sagte er unter dem Beifall der 390 geladenen Gäste in der Osnabrücker Marienkirche. "Ich bin der festen Überzeugung, dass in beiden Fällen ein intensiver, nie nachlassender Dialog das zum Erfolg führende Instrument hätte sein können - und sein kann", sagte er.

Bärfuss: Preis "überwältigend dichten Roman"

Der 37 Jahre alte Schweizer Dramatiker Lukas Bärfuss habe mit seinem ersten Prosawerk "Hundert Tage" einen "überwältigend dicht geschriebenen Roman" vorgelegt, sagte dessen Laudator, der "Spiegel"- Kulturredakteur Volker Hage.

Der Völkermord in Ruanda sei eine der größten menschlichen Katastrophen seit dem Zweiten Weltkrieg gewesen. Die Verwicklungen der Schweizer Entwicklungshilfepolitik in diesen Genozid habe Bärfuss akribisch recherchiert.

Bärfuss wies in seiner Rede darauf hin, dass die Industrieländer viele Interessen in Afrika haben. "Afrikanische Potentaten" wiederum nutzten das Interesse des Westens an stabilen Verhältnissen für die Stützung ihrer Unrechtsregime. Ironisch beschrieb er die Duldung afrikanischer Diktaturen durch viele westliche Länder: "Lieber strukturelle als offene Gewalt."

Es gebe kein "unabwendbares Schicksal, das die afrikanischen Länder ins Elend zwingt", betonte Bärfuss. "Hunger, Krankheit und Armut sind Weiterführungen der Politik mit anderen Mitteln. Und ich weiß auch, wie wütend die Menschen sind, die ich getroffen habe, wie zornig, weil sie sehen, was ihnen vorenthalten wird.

(Ag.)

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